Auf Suche nach dem verlorenen Klang

Franz Schreker (1878 - 1934)

Er war einer der erfolgreichsten Opernkomponisten der Ära nach 1900 - und einer der problematischsten dazu. Seine Biographie, katastrophal geprägt durch die Heraufkunft des Nationalsozialismus, macht es für Nachgeborene schwer, das Pro und Contra der Schrekerschen Ästetik abzuwiegen. Am Besipiel einer Oper sei es dennoch gewagt.
Der Schatzgräber ist ein »Kind« des Ersten Weltkriegs, 1915 entworfen, 1918 vollendet und 1920 uraufgeführt. Der Komponist galt damals als einer der führenden Meister der Moderne, sein Ferner Klang war ein viel diskutierter Erfolg gewesen, ein Werk voll der damals gerade schicken psychologischen Verknüpfungen und Zweideutigkeiten, voll schwül-erotisierender Atmosphäre. Niemand Geringerer als Alban Berg hat von dieser Partitur den Klavierauszug angefertigt.
Und Schreker konnte sich in der Folge über einige Jahre des höchsten Interesses von Intendanten, Kritikern und neugierigen Opernfreunden sicher sein. Die folgenden Werke, Das Spielwerk und die Prinzessin, vor allem aber Die Gezeichneten, markierten Schrekers Weg zu einer farbenprächtig orchestrierten Klangsprache, die freilich die Grenzen der Tonalität nie wirklich überschritt, doch die Harmonik extrem ausweitete.
Über das Vorspiel zu einem Drama schrieb die »Neue Zeitschrift für Musik« 1920: Es entfesselt einen ungeahnten Farbenrausch, aus Klang geborenes visionäres Schauen. In diesem Klangrausch verlor sich der harmonisch-tonale Halt der Musik, der dem Hörer die Orientierung ermöglicht.

Wiegenlied mit Schlagerqualität.

In seiner Oper Der Schatzgräber nimmt Schreker diese Tendenz wieder zurück und befleißigt sich einer gemäßigteren, oft dem Volksliedton angenäherten Sprache. Vor allem setzt er auf die Einbindung von Solonummern, die sich auch ausgegliedert aus der Oper als »Schlager« verkaufen sollten. Was für Erich Wolfgang Korngold in jener Ära Glück, das mir verblieb und Mein Sehnen, mein Wähnen war, sollte für Schreker das Wiegenlied der Els aus dem Schatzgräber werden.
(Manuela Uhl - Capriccio)

Das war freilich zuviel der Spekulation. Man merkte die Absicht — hörte aber keineswegs die wirklich hitparadenverdächtige Musik. Das Interesse an der Novität war zunächst jedoch enorm, der Uraufführung in Frankfurt folgten bald auch Premieren in anderen Opernhäusern, nicht zuletzt an der Wiener Staatsoper, wo man die Novität allerdings nach fünf Aufführungen – eine davon unter der Leitung des Komponisten selbst – wieder absetzte.
Das Chef d’Œuvre Schrekers, Der ferne Klang, kam in Wien überhaupt erst Anfang der Neunzigerjahre auf die Bühne, nachdem die Wiederbesinnung auf einst hoch geachtete Meister, die in der Zeit des nationalsozialistischen Terrors als »entartet« galten, eingesetzt hatte. Von der in der Literatur vielbeschworenen Schreker-Euphorie in der Zwischenkriegszeit konnte in Wien jedenfalls keine Rede sein. Die Aufführungszahlen erreichten nie auch nur Annähernd die Werte, über die sich Richard Strauss oder für einige Zeit auch Erich Wolfgang Korngold freuen durften.





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